So stoppst du eine Quasselstrippe: 16 + 1 praktische Tipps, um zu Wort zu kommen

Mann, der viel redet, daneben eine wütende Frau

Drei Kolleg:innen und ich. Wir saßen in einem Café. Es war ein Arbeitstreffen, das in lockerem Rahmen stattfinden sollte. Ich hatte mich sehr gefreut auf den Austausch. Am Anfang habe ich noch ein paar Witze gemacht und ja, sogar etwas Small talk.

Doch dann kam einer meiner Kollegen in einen Redefluss. Und redete. Und redete. Und hörte gar nicht mehr auf.

Ich sank immer weiter in meinem Stuhl zusammen. Ich konnte förmlich spüren, wie die Energie aus mir herausfloss.

Nach etwa 4 Stunden war das Treffen vorbei. Ich hatte ungefähr 10 Sätze gesagt. Na gut, vielleicht waren es 20.

Ich lief nach Hause und fühlte mich wie ein verschrumpelter Luftballon, aus dem jegliche Luft entwichen ist und brauchte den Rest des Tages, um mich von diesem Treffen zu erholen.

Ich war enttäuscht – hatte ich mich doch so darauf gefreut – und fragte mich, was ich hätte tun können, um die Quasselstrippe zu stoppen.

Doch ich habe nicht nur mich gefragt, sondern auch Antje Thelen. Sie ist Kommunikationsexpertin und gemeinsam gingen wir der Frage nach, was man tun kann, wenn man so gar nicht zu Wort kommt und an die Wand geredet wird. Damit man seine Energie behält und nicht danach nicht wie ein Zombie nach Hause geht.

Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete, um die Quasselstrippe zu stoppen

  • Setze einen zeitlichen Rahmen für das Gespräch fest. Eventuell legst du dir direkt im Anschluss einen Termin, so kannst du dich am Ende der Gesprächszeit mit Hinweis auf deinen Termin verabschieden und hängst fest, während das Gegenüber Monologe hält.

Im beruflichen Umfeld:

  • Setze eine Agenda fest. Wenn du nicht selbst zum Gespräch eingeladen hast, dann erfrage die Ziele und Agenda des Gespräches.

  • Bereite eigene Fragen und Beiträge für das Gespräch vor. Intros und auch viele Hochsensible lieben es, Dinge im Vorfeld genau zu durchdenken, bevor sie etwas zu einem Gespräch beitragen. Nutze diese Stärke!

  • Hab während des Gespräches das Ziel vor Augen und greife moderierend in das Gespräch ein, wenn du merkst, dass es in eine Richtung läuft, die dem Gesprächsziel nicht dienlich ist. Auch das ist eine Stärke vieler Intros und HSPs: Dass wir gut den Überblick behalten und aus einer Beobachterperspektive heraus agieren können.

Nutze deinen Körper

  • Wenn du merkst, dass du auf deinem Stuhl zusammensackst: Werde präsent, indem du dich körperlich aufrichtest. Dadurch aktivierst du nicht nur dich, du wirst auch optisch sichtbarer und kannst dich leichter einbringen.

  • Spüre deine Füße auf dem Boden und den Sitz unter dir. So kommst du raus aus der Lähmung und Erstarrung, die womöglich eingesetzt hat. Du kommst wieder im Hier und Jetzt an und erkennst Handlungsmöglichkeiten.

  • Wenn es die Gesprächssituation hergibt: Knete deine Hände, massiere deine Beine und Arme, um deinen Körper und deine Körpergrenzen besser zu spüren. Übe auch im Alltag, deinen Körper zu spüren, damit du es auch in schwierigen Situationen kannst. Viele Menschen „verlassen“ förmlich ihren Körper in solchen Situationen (man nennt es auch dissoziieren) und träumen sich woanders hin. Indem du übst, im Körper präsent zu bleiben, bleibst du auch in der Situation präsent und kannst leichter agieren.

  • Verlasse die Gesprächssituation kurz, z. b. indem du auf Toilette gehst oder dir etwas zu trinken holst. So aktivierst du deinen Körper, kannst einmal kurz durchatmen und mit neuer Kraft in das Gespräch einsteigen.

Gut kommunizieren

  • Paraphrasiere: Fasse das Gesagte zusammen und bringe dann einen eigenen Redeanteil ein. So gibst du deinem Gegenüber zu verstehen, dass du verstanden hast, was er gesagt und hast auch gleich einen Aufhänger, etwas Eigenes einzubringen.

  • Stelle keine offenen Fragen. Das bringt die Quasselstrippe eher dazu, noch mehr zu sprechen. Auch das empathische Nicken und „hm“ sagen, was für andere ein Zeichen ist, dass wir zuhören (was wir ja auch tatsächlich tun – auch wenn wir es vielleicht gar nicht wollen!) kann für den Gesprächspartner ein Zeichen sein, weiterzureden.

  • Unterbrich. Das erfordert einen gewissen Mut. Aber auch das lässt sich üben. Gut ist, wenn du einen Satz hast, mit dem du dich wohlfühlst. Zum Beispiel „Darf ich dich mal kurz unterbrechen.“ Wenn du dich dabei wohler fühlst, kann es auch helfen, die Hand dabei zu heben. So setzt du gleichzeitig ein optisches Signal und es ist (vor allem in größeren Runden) weniger wahrscheinlich, dass du überhört wirst.

Findest du es unhöflich und respektlos, andere Menschen zu unterbrechen? Auch wenn sie dir wertvolle Lebenszeit stehlen? Dann wäre es wichtig, auch deine Bedürfnisse in den Fokus zu nehmen und zu schauen, welche Glaubenssätze du in dir trägst:

Glaubenssätze und Mindset

Wenn du magst, stell dir einmal folgende Fragen:

  • Erlaubst du dir, deine Bedürfnisse ernst zu nehmen?

  • Erlaubst du dir, Raum einzunehmen und für deine Bedürfnisse einzustehen?

  • Nimmst du dein Wohlbefinden in der Gesprächssituation wichtig?

  • Findest du selbst wichtig, was du zu sagen hast?

Wenn du alle diese Sätze mit „nein“ beantwortest, wäre es an der Zeit, einmal genauer dein Mindset anzuschauen. Denn Fakt ist: Du darfst nicht nur deine Bedürfnisse ernst nehmen, nein, für dein Lebensglück ist es sogar enorm wichtig, dass du dich selbst und dein Wohlbefinden wichtig nimmst und dass du dich und deine Wortbeiträge anerkennst als das, was sie sind: Wertvoll!

Du möchtest Unterstützung dabei, dich selbst ernst und wichtig zu nehmen?

Dann könnte mein Coaching etwas für dich sein. Nimm gerne Kontakt zu mir auf, um dir ein kostenfreies Kennenlerngespräch zu buchen:

Nutze deine Wut

Vielleicht macht es dich wütend, dass dein Gegenüber pausenlos spricht und nicht mit einer einzigen Silbe daran denkt, dass du vielleicht auch etwas zu sagen hast. Wunderbar! Wut ist ein sehr gutes und sehr hilfreiches Gefühl.

Doch gerade wir Frauen lernen seit Jahrhunderten (und leider auch heute noch!), dass sich Wut für eine Frau nicht „ziemt“ und werden abgewertet und als hysterisch bezeichnet, wenn wir wütend sind.

Dabei ist Wut ein ganz normales, natürliches Gefühl, das du nutzen kannst, um dich abzugrenzen. Im Grunde ist Wut das Gefühl, das auftaucht, wenn du mit etwas nicht einverstanden bist und es ändern willst. Also: Kultiviere deine Wut als Kraft zur Veränderung!

Dabei musst du nicht laut losschimpfen oder unhöflich werden. Eine kleine Prise Wut kann oft gut tun, um körperlich präsenter zu werden und die Kraft zu entwickeln, Dinge anders zu machen.

Sprich es an

Wenn du öfter mit der gesprächigen Person zu tun hast, lohnt es sich, das Thema einmal anzusprechen. Vielleicht ist dem Gegenüber gar nicht bewusst, dass du gerne mehr zum Gespräch beitragen würdest und denkt, du fühlst dich einfach wohler in der Rolle der Zuhörerin.

Erzähle dabei dem anderen, was du beobachtet hast, wie du dich dabei fühlst, was dir wichtig ist und was du dir wünschst. Bringe gerne auch eine wertschätzende Komponente mit ein, zum Beispiel, indem du sagst, was du an der anderen Person magst (natürlich nur, wenn es da etwas gibt, was du magst). So ist die andere Person offener für das, was du zu sagen hast. Und Wertschätzung kann man nie genug verteilen.

In einem privaten Gespräch könnte das so aussehen:

Wertschätzung: „Ich mag es sehr, mich mit dir zu unterhalten, ich bin sehr dankbar, dass du so offen zu mir bist und mich an deinen Gedanken und Gefühlen teilhaben lässt.“

Beobachtung: „Mir ist aufgefallen, dass ich oft nicht so viel zum Gespräch beisteuern kann.“

Gefühl: „Das macht mich traurig, …

Was dir wichtig ist: „… denn ich würde gerne mehr von mir erzählen und deine Meinung zu bestimmten Themen hören, die mich betreffen.“

Wunsch: „Ich fände es schön, wenn unsere Gespräche ausgeglichener wären und jeder den gleichen Raum bekommt, um von sich zu erzählen.“

Dem anderen eine Wahl lassen: „Was denkst du darüber?“

Bei dieser Art der Kommunikation (wertschätzende oder auch gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg) lassen wir dem anderen die Wahl, ob er unsern Wunsch erfüllen möchte, oder nicht. Falls nicht, haben wir die Wahl, ob wir den Kontakt weiterpflegen möchten oder lieber nicht.

Wichtig: Finde deine eigenen Worte. Es muss sich nach dir anhören und stimmig für dich sein, damit das Gesagte ankommt. Es hilft auch, es einmal zu üben – vor dem Spiegel oder ohne Spiegel oder du erzählst es einmal deinem Hund. Im Idealfall gibt es einen Menschen, mit dem du das üben kannst.

Fazit

Wenn du dich in Gesprächen oft in die Ecke gedrängt fühlst, gibt es einiges, was du aktiv dagegen zu tun. Ob durch eine gute Vorbereitung, Körpersprache oder geschicktes Unterbrechen – es liegt an dir, dir Raum zu nehmen und für deine Bedürfnisse einzustehen. Auch deine Wut kann dir helfen, klarer aufzutreten und Grenzen zu setzen. Am Ende geht es darum, dich nicht von endlosen Monologen auslaugen zu lassen, sondern deinen Platz im Gespräch selbstbewusst einzufordern. Du hast etwas zu sagen – und das sollst du auch!

Welchen der Tipps möchtest du mal ausprobieren? Schreib es gerne in die Kommentare!

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